Presse-Bericht

Wellness für Oberflächen

Detaillierter Bericht im mo-Magazin für Oberflächentechnik

1.10.18
mo
20
min.
Reportage über von Hoss keramikversiegelte Oberflächen im mo – Magazin für Oberflächentechnik

Wellness für Oberflächen

Keramikversiegelte Oberflächen liegen im Trend – sie sind glatt, glänzend und gut zu reinigen.

Daniel Krist, Redakteur


Ein bayerisches Unternehmen beschichtet nahezu alle Arten von Oberflächen mit einer eigens entwickelten Keramikversiegelung. Die Beschichtung verleiht vor allem Fahrzeugoberflächen ein Plus an Schutz und Tiefenglanz. Außerdem sollen sich die versiegelten Flächen spielend einfach reinigen lassen.

Betritt man das Firmengelände von Hoss Keramik-Versiegelung in Schwabmünchen bei Augsburg, so gleicht dieses einem Eldorado für Fahrzeugliebhaber. In der kompakten, lichtdurchfluteten Halle reihen sich hochwertige Fortbewegungsmittel der verschiedensten Fahrzeugklassen und -typen aneinander: ob Luxusautos wie Ferrari oder Lamborghini, amerikanische Muscle-Cars, wie beispielsweise ein Mustang GT, hochpreisige Motorräder der Marken Harley Davidson oder Honda Gold Wing oder eben Wohn- und Reisemobile in allen Längen und Größen – ihre Besitzer bringen ihre „Schätze“ hierher, um sie mit einer Keramikversiegelung versehen zu lassen.

Noch überwiegend Wohnmobile

Was für Inhaber Eberhard Hoss vor Jahren als Hobby begann, hat sich mittlerweile zu einem florierenden Unternehmen entwickelt. „Als ich die Firma 2014 gegründet habe, war mein Ziel, mit einem Mitarbeiter ein Wohnmobil pro Woche zu versiegeln“, gesteht Hoss. Heute beschäftigt er bereits drei Mitarbeiter, die 20 Fahrzeuge pro Monat beschichten; außerdem kann er auf einen Subunternehmer zurückgreifen, der mit ihm eng zusammenarbeitet. Zurzeit wird in wenigen Kilometer Entfernung zum jetzigen Standort Schwabmünchen eine neue, größere Halle gebaut, die mit einer geplanten Spannweite von 24 Metern das Arbeiten und Rangieren erleichtern soll. Der Neubau soll darüber hinaus über eine komplette Wasch- und Trocknungshalle verfügen und weiteren zwei bis drei Mitarbeitern einen Arbeitsplatz bieten. Der Umzug ist zum Jahreswechsel 2018/2019 geplant.

Die Keramikversiegelung scheint jedenfalls regen Anklang zu finden, denn die Firma führt eine lange Warteliste. „Wir sind mindestens zwei bis zweieinhalb Monate vorher ausgebucht“, freut sich Hoss, der von seinem Produkt gänzlich überzeugt ist. „Angefangen hat alles damit, dass ich mein eigenes Reisemobil vor Jahren mit Keramik versiegeln ließ. Ich war von dem Ergebnis begeistert – und bin es immer noch.“

Zwischen 75 und 80 Prozent der Fahrzeuge, die versiegelt werden, sind Wohnmobile in allen Kategorien und Längen. „In letzter Zeit beschichten wir jedoch vermehrt immer mehr Pkws, denn auch in dieser Szene spricht es sich herum, wie gut die Keramikversiegelung ist“, weiß Hoss. „Ich denke, dass sich das Verhältnis im Laufe der nächsten Jahre verschieben wird. Die Wohnmobil-Branche boomt zwar, aber der Pkw-Markt ist einfach viel größer.“ Denn obwohl überwiegend höherpreisige Fahrzeuge den Trend einläuteten, werden mittlerweile Autos der verschiedensten Preiskategorien mit der Oberflächenbeschichtung versehen.

Hoss beschichtet überwiegend Wohnmobile in allen Längen und Größen. Für ein so großes Fahrzeug benötigen die Experten eine knappe Woche.
Wohnmobilbesitzer entscheiden sich auch gerne für eine „Innenversiegelung" – dabei werden unter anderem Herd und Küche beschichtet.
Die Keramik, eine durchsichtige Flüssigkeit, wird tröpfchenweise aufgetragen. Die Rezeptur ist geheim und wird stetig weiterentwickelt.
Aufgrund der relativ kurzen Trocknungszeit der Langzeitveredelung arbeitet der Experte in kleinen, 40 x 40 cm großen Quadraten.

Für nahezu alle glatten Oberflächen

Doch die Anwendungsmöglichkeiten sind weitaus größer. Die Keramikversiegelung eignet sich nicht nur für Pkws und Reisemobile, sondern auch für Oldtimer, Motorräder und Schiffe. Auch größere Yachten können damit veredelt werden, jedoch müsste dies im Hafen geschehen, da die bestehende Halle für derartige Ausmaße schlichtweg zu klein ist. Neulich wurde sogar ein Flugzeug mit 20 Metern Spannweite und 17 Metern Länge zerlegt und im Anschluss von den Spezialisten vor Ort in der Schweiz versiegelt. „Im Grunde genommen lassen sich alle glatten Oberflächen – wie beispielsweise Metall, Kunststoff oder Glas – mit unserer Keramik versiegeln. Auf all diesen Oberflächen hält die Beschichtung gleich gut“, erklärt der Firmeninhaber und weist darauf hin, dass eine frühzeitige Versiegelung von Vorteil ist, denn bei Neufahrzeugen entfällt in der Regel die vorausgehende Lackaufbereitung, die mit zunehmendem Fahrzeugalter meist immer intensiver wird.

Ein Neufahrzeug ist also ideal, aber keine Voraussetzung. Hoss erzählt in diesem Zusammenhang gerne die Anekdote von einem älteren Ehepaar, das ihm sein 16 Jahre altes Wohnmobil vorbeibrachte. Den Hinweis „An dem Fahrzeug arbeiten wir mehr als eine Woche!“ nahmen die beiden zwar zur Kenntnis, jedoch schreckte es sie nicht von dem Vorhaben ab. Das allzeit treue Gefährt hatte zuvor bereits einen neuen Motor erhalten und sollte nun mit einer Schutzschicht versehen werden. „Wir zeigen dem Kunden auf, was wir können, und arbeiten akribisch. Aber wir können nicht zaubern“, merkt Hoss mit einem Lächeln an. Das könnte man als vornehme Untertreibung betrachten, denn das besagte Ehepaar hätte sein Fahrzeug vor lauter Glanz kaum wiedererkannt – nur das Kennzeichen half. Und so verließ auch dieser Kunde schließlich hoch zufrieden die Werkshalle.

Umweltfreundliche Lackaufbereitung

Doch bis der Kunde sein frisch versiegeltes Fahrzeug abholen kann, muss dieses verschiedene Schritte durchlaufen: Weist das Fahrzeug bei einer eingehenden Begutachtung gewisse Gebrauchspuren auf, ist die bereits erwähnte Lackaufbereitung erforderlich. Zunächst wird es mit einem relativ scharfen, aber hochwertigen durchsichtigen Mittel eingestrichen, das sämtliche Schmutzpartikel – einschließlich Flugrost – löst. Nun wird es erstmalig gewaschen und abgedampft; hierbei kommt ein handelsüblicher Hochdruckreiniger zum Einsatz. Im Anschluss waschen die Mitarbeiter das Fahrzeug mit einem eigens entwickelten Bio-Shampoo, einem biologisch abbaubaren Reinigungsmittel, erneut. Das Abdampfen mit einem demineralisierten Wasser beseitigt Kalk- und Salzreste und verhindert die sonst typischen Wasserflecken. Nach einer Trocknungsphase strahlt der verantwortliche Mitarbeiter das Fahrzeug mit speziellen LED-Lampen an und sucht unter anderem nach Hologrammen und Mikrokratzern. Je nach Zustand wird die Lackoberfläche zunächst maschinell geschliffen und poliert oder nur poliert. Die in der Politur – es werden mitunter spezielle GFK-Polituren aus dem Yachtbau verwendet – enthaltenen Silikone, Öle und Wachsanteile werden im letzten Schritt der Lackaufbereitung mit einem hochprozentigen Alkohol entfernt. In diesem Zusammenhang ist besondere Vorsicht bei Acryl-Glasscheiben von Wohnmobilen geboten, die deshalb mit speziellen Mitteln behandelt beziehungsweise gereinigt werden.

Dauerhaft verbunden

Das Fahrzeug ist jetzt fett- und silikonfrei und bereit für die Keramikversiegelung. Die durchsichtige Flüssigkeit wird tröpfchenweise über einen kleinen Applikationsschwamm auf die Lackoberfläche aufgetragen und einmassiert sowie überschüssige Keramik mit einem frischen Tuch abpoliert. Da die Beschichtung eine kurze Trocknungszeit besitzt, kann der Experte keine größeren Flächen einstreichen und arbeitet deshalb in 40 x 40 cm großen Quadraten. Durch das Einpolieren der Keramik entsteht eine kovalente und damit dauerhafte Verbindung mit dem Lack – der große Unterschied zu anderen Arten von Versiegelungen. Diese werden zwar auf die Lackoberfläche aufgetragen, gehen aber eben keine feste Verbindung mit dem Lack ein. „Würde man den Lack mikroskopisch anschauen, sähe man eine Berg-und-Tal-Landschaft. Die Keramik legt sich in die Täler und schafft so eine völlig glatte Oberfläche“, erklärt Hoss. Damit die Versiegelung aushärten kann, bleibt das Fahrzeug eine weitere Nacht in der gut beheizten Halle. Außerdem empfiehlt der Firmenchef seinen Kunden, das versiegelte Fahrzeug in den nächsten zehn Tagen möglichst nicht zu berühren und zu putzen.

Bezüglich der Rezeptur seiner Langzeitveredelung lässt sich Hoss dagegen nicht in die Karten schauen und gibt sich bedeckt. Sie bestehe aus keramischen sowie Glas- beziehungsweise Silizium-Bausteinen und werde von einem für die Firma arbeitenden Chemiker kontinuierlich verbessert. „Unsere Keramik, die in Deutschland hergestellt wird, ist seit zwölf Jahren erfolgreich am Markt. Die Komponenten kommen von einem deutschen, namhaften Chemiekonzern“, erläutert der Inhaber, der offensichtlich darum bemüht ist, seine Beschichtung ständig weiterzuentwickeln.

„In den letzten Jahren ist das Auftragen der Keramik einfacher geworden und Fehler lassen sich einfacher vermeiden. Wir arbeiten außerdem kontinuierlich daran, die Standzeit beziehungsweise Haltbarkeit zu verlängern.“ Aus diesem Grund lässt das Team Temperatur und Luftfeuchtigkeit aufzeichnen und nutzt Privat- und Firmenwagen als Versuchsobjekte für ihre Weiterentwicklungen, denn so lassen sich sehr gut Unterschiede zwischen den Entwicklungsstufen feststellen. Zuletzt konnte das Team mithilfe des Chemikers eine neue Pflege kreieren, die die Keramik auf bereits versiegelten Fahrzeugen auffrischt – für, nach eigener Aussage, noch glattere Oberflächen.

Langzeit-Schutz mit easy-to-clean-Effekt

Mehr Glanz ist zwar ein wesentliches, aber nicht das einzige Merkmal keramikversiegelter Oberflächen, denn die transparente, farbechte Nanobeschichtung verspricht weitaus mehr: GFK-Teile und Folien an Wohnmobilen sind besonders UV-empfindlich. Meist sind die Fahrzeuge monatelang intensiver Bewitterung durch Sonneneinstrahlung, Feuchtigkeit und salzhaltige Luft ausgesetzt, sodass diese Teile mit der Zeit ihren Glanz verlieren. Die Keramik soll hier einen guten UV-Schutz bieten. „Wir können es zwar nicht gänzlich verhindern, aber wir verschieben diesen Prozess der Verfärbung und Vergilbung viele Jahre nach hinten“, betont Hoss. Er macht darauf aufmerksam, dass die Keramik im Gegensatz zu anderen hochwertigen Versiegelungen hoch hitzebeständig ist und deshalb nicht verdampft.Neben dem erhöhten Schutz vor Korrosion und Verwitterung ist es jedoch vor allem die Aussicht auf eine sehr einfache Oberflächenreinigung, die die größte Zahl der Kunden anzieht, denn die Reinigung von (großen) Wohn- und Reisemobilen gestaltete sich oftmals schwierig und zeitaufwendig. „Unsere Kunden, im Besonderen die Besitzer von Wohnmobilen, wollen sich die Reinigung ihres Fahrzeugs erleichtern“, weiß auch der Spezialist. Er verweist auf den Lotuseffekt, der dafür sorgt, dass Rückstände und Schmutzpartikel nicht so leicht auf der Oberfläche anhaften und mit Wasser einfach abgetragen werden können.

Das Firmengelände befindet sich in Schwabmünchen bei Augsburg. Zurzeit entsteht in wenigen Kilometern Entfernung eine neue, größere Halle.
Das Modell veranschaulicht die Resultate: ganz rechts eine unbehandelte Fläche, in der Mitte aufbereiteter Lack und schließlich links eine glänzende, keramikversiegelte Oberfläche.

Auf seine Keramikversiegelung gibt Hoss eine Garantie von fünf Jahren. „Sie hält aber auch noch länger“, verspricht der Inhaber und merkt an, dass die Haltbarkeit der Beschichtung an die jeweilige Beanspruchung der Oberfläche geknüpft ist. Ein bekanntes Wohnmobil-Magazin hat erst kürzlich einen Langzeitversuch gestartet und ließ ein Testfahrzeug bei dem Unternehmen keramikversiegeln – und zwar nur zur Hälfte. Wir dürfen gespannt sein, wie das Experiment ausgeht.

mo Magazin für Oberflächentechnik
Jahrg. 72 (2018) 9

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